Leadership & Karriere Der Digitalkünstler Tony Futura verwandelt Alltägliches in Absurdes – und trifft dabei den Nerv der Zeit

Der Digitalkünstler Tony Futura verwandelt Alltägliches in Absurdes – und trifft dabei den Nerv der Zeit

Albert Einstein baut sich einen Johnny, Kevin allein Zuhaus findet sich in dem expressionistischen Kunstwerk “Der Schrei” von Munch wieder und Nicki Minaj’s Hinterteil ist ein graziler Glückskeks – Tony Futura zeigt auf seinem Instagram-Kanal eine ganze Reihe surrealer Collagen und Werke, die Materialismus und popkulturelle Themen kritisch unter die Lupe nehmen. Dabei nimmt der Berliner Digitalkünstler und Senior Art Director der Werbeagentur DOJO in seinen witzigen und vor allem immer wieder überraschenden Kreationen am liebsten den westlichen Lifestyle und die Konsumgesellschaft auf’s Korn – Ergebnis, klar: Grübeln, Schmunzeln, den Betrachter ein bisschen vor den Kopf stoßen. Seine Kreation zu den Ergebnis der US-Wahlen letztes Jahr ging quer durch die Medien. Darauf zu sehen: die Freiheitsstatue mit einer erloschenen Flamme. Und auch den aktuellen Skandal um United Airlines, bei dem ein Fluggast mit gültigem Flugticket aus einem überbuchten Flugzeug gewaltsam herausgezerrt wurde, hat der Berliner in einer Grafik verarbeitet. Wir haben mit ihm ein wenig über sein Leben und seine zukünftigen Pläne geschnackt.

Tony Futura
© Tony Futura

Tony, was war dein erster Kontakt mit Illustration?

Gute Frage. Glaube mit Grafikdesign im Groben bin ich das erste mal in Berührung gekommen, als ich damals mit 15 angefangen habe, mich für Graffiti zu interessieren. Sobald man anfängt ausgefeiltere Sketches zu malen und sich dafür Hintergründe und Ideen einfallen lässt, fängt man automatisch an, da etwas besondereres schaffen zu wollen. Und von dort aus ging es weiter, übers Studium zu Plakaten und der Lust an verschiedenen Bildideen.

Wer oder was inspiriert dich für deine Arbeit? Sowohl für die Arbeit bei der Berliner Werbeagentur DOJO als auch bei privaten Projekten?

Alles und jeder. Das Internet, das Real Life, Menschen, Songs, Medien, Comics, Memes und dumme Witze. Die sind meistens die besten. Meine Arbeiten haben schon einen stark erkennbaren Design- und Werbebackground, denke ich. Ich reduziere Dinge gern auf’s Wesentliche, so wie in einer guten Printanzeige. Also: Werbung ist eine starke Inspiration, nur dass ich bei privaten Projekten eben über alles sprechen kann und nicht nur über die jeweiligen Produkte.

Was ist bis heute deine persönliche Lieblingsillustration?

Da gibt’s einige, ist eher schwer sich da wirklich für eine zu entscheiden. Aber am ehesten ist es die Smiley-Latex-Maske, die ich auch als Profilbild auf Instagram und Facebook benutze, weil der Gedanke darin für mich sehr stark ist und außerdem ich mag die Verbindung von zwei gegensätzlichen Dingen zu einem neuen Sinn. In dem Fall: „Mach’ was du willst, solange es dich glücklich macht.“

Deine Kreationen sind sehr clean, der Hintergrund ist meistens in einer Farbe gehalten und im Mittelpunkt steht die Illustration. Woher nimmst du das Gefühl für die Farbauswahl? Hast du da ein spezielles Farbkonzept bei den Bildern?

Eigentlich nicht. Ich gehe dabei stark nach Gefühl und versuche zu schauen, wie die Bilder in verschiedenen Farben auf mich wirken. Im Vordergrund steht für mich immer die Idee beziehungsweise die Aussage, die Farben tragen viel eher zum Wiedererkennungswert bei, und ich versuche lockere und lustige Bilder zu machen, deshalb bietet sich eine bunte Farbwelt meistens an.

Du hast mittlerweile deine erste Skulptur geschaffen. Wie kam es dazu? Und warum hast du dich für das Werk „Infinite Pencil“ entschieden?

Ich wurde über Google eingeladen, an einer Ausstellung teilzunehmen. Dabei sollte es als Teil einer PR-Kampagne darum gehen, das Thema #limitlessme auf die eigene Art und Weise umzusetzen. Der Bleistift ist nur meine Art der Interpretation, er ist für mich sozusagen die kleinste Einheit im kreativen Prozess, denn damit beginnt meistens alles – ob als Skizze oder Notiz, oder weil man beim Nachdenken darauf herumkaut. Die Unendlichkeit bildet für mich die andere, große Seite ab, denn man hat unendlich Möglichkeiten, wenn man seinen Gedanken freien Lauf lässt. Kurz: Genau das macht mir Spaß an dem, was ich tue.

Die Freiheitsstatue mit erloschener Flamme war nicht deine erste Kreation mit politischem Bezug. Woher kommt bei dir die Lust am Politischen?

Ich will ganz ehrlich sein: Ich bin sicher nicht die politisch informierteste Person und es war auch nie mein Ziel, dass dies zum Merkmal meiner Arbeiten wird. Eigentlich sind die Arbeiten auch eher in der Minderheit zwischen all den anderen. Aber von Zeit zu Zeit macht es eben Spaß, mit den Meinungen der Menschen zu arbeiten und die verschiedensten Reaktionen zu entfachen. Ich lerne ja durch einen angeregten Diskurs auch immer wieder dazu. Die Lust daran kommt also hauptsächlich aus der Lust an interessanten Bildern, die es schaffen, dass Menschen nicht gleichgültig daran vorbei gehen, sondern ihren Kopf anschalten und Position dazu beziehen. Das ist etwas, was gutes Design und Kunst für mich erreichen müssen.

Du bekommst viel Lob für deine Arbeiten, einige Grafiken haben auch Kritik geerntet. Was war der schlimmste Haterkommentar? 

Ich glaube, das schlimmste (aber gleichzeitig auch lustigste) war einmal, dass eine Hardcore-Veganerin zu mir meinte, ich würde den „Animal Holocaust“ unterstützen, weil ich vor meinen Followern das Essen von Fleisch glorifiziere.

Haha. Zu welcher Grafik war das?

Es ging dabei um ein Bild, an dem Speckstreifen an einem Tischventilator hingen. Das fand ich dann doch ein bisschen übertrieben. Vor allem als sie dann anfing mich zu beleidigen und mich andauernd auf Schlachtungsvideos verlinkt hat. Ein anderes Mal meinte ein Dozent der Burg Giebichenstein, der Kunsthochschule in Halle, zu mir, dass wenn ich eine Ausstellung machen wollen würde, schon noch „eine ganze Schippe drauf legen“ müsse. Er war wohl sehr ungehalten, nachdem er von mir gelesen hatte. Warum, weiß ich bis heute nicht, aber diese Ablehnung aus dem Nichts heraus fand ich schon etwas belustigend.

Teil 2 des Interviews und Tony Futuras Kreationen gibt es auf der nächsten Seite.

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