Random & Fun “Ich fülle meine Kanne mit Erbsensuppe“: Marteria über sein Album, seinen Film, ach, über alles

“Ich fülle meine Kanne mit Erbsensuppe“: Marteria über sein Album, seinen Film, ach, über alles

Vom Grillwalker zum Großrapper: Eben hat Marteria sein neues Album „Roswell“ rausgebracht, im Juni erscheint der Film „Antimarteria“. Marten Laciny über den Hustle, den Fame und seinen perfekten Tag.

Marten, du gehörst zu den erfolgreichsten Musikern Deutschlands. Hattest du viel Glück?

Ja, Glück ist ein unfassbar wichtiger Faktor. Aber ich glaube, diese Momente erarbeitet man sich. Ich habe zwei Jahre lang Hartz IV bekommen, habe mich durch die Stadt gekellnert, war Grillwalker am Berliner Hauptbahnhof. Auch die Zeit, als ich mit 17 in New York war, war Hardcore-Hussle. Abends heulend im Bett liegen, nicht wissen, wie es weitergeht und wie du was zu essen kriegst. Ich habe die ganze Zeit nichts Richtiges auf die Reihe bekommen, weil ich nur Rap-Texte im Kopf hatte. Also habe ich dafür geackert.

… und es hat sich ausgezahlt.

Wenn du wirklich für irgendwas arbeitest, dann fügt sich das auch. Ich merke total, dass an diesem Karma-Ding was dran ist. Eigentlich ist es logisch, dass du dann irgendwann die richtigen Leute triffst, die deine Musik verstehen. So wie bei mir mit den Krauts damals, meinem Produzententeam. Danach ist es dann explodiert.

Dein neues Album „Roswell“ ist das dritte, das du mit den Krauts aufgenommen hast. Wie läuft eure Zusammenarbeit?

Es macht wahnsinnigen Spaß, weil wir zusammen wie kleine Kinder sind. Wir können uns so sehr begeistern und sind wie in einer Blase und brennen dafür, zusammen Musik zu machen. Genau deswegen hat das Erfolg gebracht – weil wir einfach Feuer und Flamme sind.

Du hast immer viele Features auf deinen Alben. Wonach entscheidest du, wen du für einen Song dazu holst?

Bei uns läuft alles über eine sehr emotionale, persönliche Schiene. Es gibt zum Beispiel auch keine richtigen Verträge, nicht mal mit Managern. Das ist alles auf Handschlag und Vertrauensbasis. Familiendenken. Wenn es um ein Feature geht, gucke ich, wer aus unserem Kosmos cool ist und eine geile Farbe reinbringen kann. Ganz wichtig ist, dass ich zu den Leuten eine freundschaftliche Beziehung habe. Das ist ja immer auch eine Symbiose.

Hast du einen musikalischen Anspruch an dich selbst?

Ich finde es total wichtig, dass man nichts wiederholt, nicht alte Sachen, die mal funktioniert haben, neu aufkocht. Kein Stillstand. Ein Album muss mutig sein, anecken, eine Message haben – auch eine politische. Die Musik, die mich beeinflusst hat, hatte immer auch eine Message, das war mir total wichtig. Ob es alte Björk-Platten waren oder David Bowie oder Hip-Hop-Sachen.

Vor zwei Jahren hattest du akutes Nierenversagen. Wie hat sich dein Leben seitdem verändert?

Ich habe mit dem Feierwahnsinn und dem Nachtleben abgeschlossen. Meine gesamten Zwanziger habe ich in Berlin gelebt, habe den ganzen Wahnsinn mit drei Tage feiern mitgemacht – und habe das voll genossen. Das war eine prägende Zeit. Aber jetzt ist mein Leben ein anderes: total straight, kein Alkohol, nur ab und zu ein bisschen kiffen. Ich bin ans Meer gezogen, habe mir ein Boot gekauft und lege den Wahnsinn jetzt in mein Hobby, das Angeln. Dadurch, dass mir die Nacht genommen wurde, muss ich den Tag genießen und geil ausfüllen. Das Angeln hat mir wirklich den Arsch gerettet.

Hat sich dein Lebenswandel auf dein neues Album ausgewirkt?

Ich mache Musik aus dem Bauch heraus, aus einem bestimmten Gefühl. Darum spiegelt ein Album immer wider, in was für einer Situation ich mich gerade befinde – geistig, körperlich, emotional. Man kann das gar nicht so richtig beeinflussen. Darum steht ein Album immer für einen Abschnitt in meinem Leben. „Roswell“ ist ein Abschnitt eines sehr neuen Lebens, dementsprechend hat das Album eine ganz andere Farbe. Ich bin jetzt viel klarer, kann bessere Bilder finden und besser über alles schreiben als in dem vernebeltem Zustand damals.

Im Juni erscheint der Film „Antimarteria“, den du zusammen mit dem Regisseur Specter Berlin gedreht hast. Worum geht es?

Hintergrund ist, dass es einen Menschenstamm in Afrika gibt, der Elfenbeinzähne hat. Diese Menschen werden von Wilderern gejagt, um aus dem Elfenbein das krasseste Koks der Welt herzustellen – „Elephant“. Die Hauptfigur ist ein kleiner Junge, der als Einziger aus seinem Stamm überlebt. Er musste mitansehen, wie seine Mutter getötet wurde und ihr die Zähne abgeschnitten wurden. Darum will er sich jetzt an der Welt rächen.

An dem Film haben Schauspieler wie Frederick Lau und Emilia Schüle mitgewirkt. Was war deine Rolle?

Ich spiele mich selbst. Das war wahnsinnig schwierig, weil ich natürlich trotzdem schauspielern musste. Außerdem stammte die Idee für den Film von mir. Auf meinem Album gibt es den Song „Elfenbein“, der basiert auf der Vorstellung von den Elfenbeinmenschen. Dieses Bild hatte ich schon lange im Kopf, und ich fand, dass in dem Lied so viel mehr steckt, weil es etwas darüber aussagt, wie unsere Welt aus den Fugen gerät. Darum bin ich irgendwann mit der Idee zu Specter gegangen, er hat seine Vision eingebracht, und dann haben wir angefangen, ein Drehbuch zu schreiben.

Gedreht habt ihr in Südafrika. Wie war das?

Das war totaler Wahnsinn. Eine der absolut schönsten, intensivsten, anstrengendsten und tollsten Zeiten in meinem Leben. Wir waren 40 bis 50 Leute aus Deutschland, 50 Südafrikaner, hatten eine internationale Filmproduktion, und am Ende haben wir noch Musikvideos gedreht, alles aus einem Guss. Die Vorbereitung und der Aufwand, der da betrieben wurde, waren unglaublich. Das verrückteste Projekt, das wir je auf die Beine gestellt haben.

Wie habt ihr die Südafrikaner für den Film gewonnen?

So etwas kannst du nicht casten – du musst dich verbrüdern. Dadurch, dass ich schon viel in Favelas und in Afrika war, weiß ich, wie man damit umgeht: Du musst ins Township gehen, musst dich hinstellen, und dann gucken dich als Weißen erst mal alle blöd an. Dann musst du einen Fußball in die Mitte schmeißen und zwei Stunden zusammen spielen. Dann musst du mit den Leuten Hühnerfüße essen, musst mit den Gangstern verhandeln – ist ja polizeifreie Zone –, und auf einmal hast du 500 Kids, die in einem Township zu einem deutschen Hip-Hop-Song tanzen. Das war megaemotional.

Wenn du gerade mal keinen Film drehst, kein Album aufnimmst und nicht auf Tour bist – wie verbringst du deinen Tag?

Wenn das Wetter gut ist, stehe ich gegen halb sechs auf, trinke einen Kaffee, fülle meine Thermoskanne mit Erbsensuppe, füttere meine drei Katzen, meine fünf Schafe und meine beiden Alpakas. Dann fahre ich zu meinem Boot und versuche, einen Fisch zu fangen. Wenn ich wiederkomme, spiele ich mit meiner Frau eine Runde Kniffel, oder wir gehen vielleicht reiten. Abends fahren wir dann in ein schönes Restaurant oder essen den Fisch, den ich gefangen habe. Das wäre für mich ein perfekter Tag.

 

Das Interview stammt aus der aktuellen Ausgabe 03/2017. Titelgeschichte: “Besser als Tindern. Mitgründerin Whitney Wolfe verließ Tinder im Streit. Jetzt bekämpft sie mit der Dating- und Networking-App Bumble Sexismus.“ Mehr Infos gibt es hier.

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